Ab in den Norden

Durch Deutschland gen Norden

Etappenziel: Hansestadt Hamburg

Nach beinahe schon typisch weihnachtlich frühlingshaften Temperaturen in Deutschland wollen wir nun die Winterfähigkeiten unseres Polestar testen. Also, auf Richtung Norden.

Die ersten Kilometer in Deutschland offenbaren das Dilemma der noch ausbaufähigen Ladeinfrastruktur. Wir erleben die  ersten belegten Ionity-Ladeparks, Alternativen funktionieren nicht („in Wartung, der Service ist informiert“) und keine korrekte Abbildung des jeweiligen Status der Säule in den relevanten Apps. Unliebsame Überraschungen sind vorprogrammiert. Trotzdem schaffen wir es in einem Rutsch bis nach Hamburg. Wir genießen das hanseatische Flair der Stadt, das im krassen Gegensatz zu dem 1000 und eine Nacht Feeling Alcazars oder der Alhambra steht und verlassen Deutschland nach einem ungeplanten, mehrstündigen und sündhaft kostspieligem Tierarztbesuch – bis heute hat Tamsin meine im Hotelzimmer verschlungene Sportsocke, die der Anlass für den Besuch war, nicht wieder zutage befördert – , über die dänisch-schwedischen Brücken nach Schweden.

Der Streckenplan im Norden

Durch Dänemark und Schweden

Etappenziele: Helsingborg, Stockholm und ein Campingplatz bei Hammerdal

An den verschiedenen …köpings (Jön-, Lin- und Norr-) vorbei geht es zügig bis nach Stockholm. Der deutsche Anbieter Ionity, hierzulande eher im Premiumpreissegment unterwegs, ist offenbar in Schweden heiß begehrt. Fast jeder Ladepark füllt sich insbesondere in den Abendstunden mit geduldigen E-Fahrern, die sich in Schlangen vor den Säulen aufreihen. Rekord: 8 Fahrzeuge vor 4 Säulen (Wartezeit rund eine Stunde) Wir sind gefrustet und suchen nach einer Alternative in der EnBW App und finden eine bei einem McDonalds. Dort ist nichts los und wir sind froh, dass wir weiterkommen. In Stockholm können wir die berühmte Wachablösung vor dem Schloss miterleben und uns die lebhafte Metropole des Nordens ansehen, bevor wir uns über Uppsala und Sundsval in Richtung Östersund, in die wirklich schneereiche Region Schwedens begeben, langsam auf die norwegische Grenze zu.

In Sundsval haben wir dann noch eine Begegnung der besonderen Art. Kurz vor der Ausfahrt überholen wir zwei BMW-Erlkönige, die sich kurz nach uns an die letzten freien Ionitysäulen hängen. Auf Nachfrage fährt der Trupp Ingenieure zum Wintertest nach Nordschweden und freut sich bereits auf die Fahrwerkstests für den letzten Schliff am bald kommenden iX4. Wir dürfen Fotos machen und treffen die Gruppe in Östersund noch einmal.

Die Gegend scheint beliebt bei den europäischen Autobauern zu sein. Der beeindruckende Woolpower Ladepark in Östersund ist von einer Flotte Skodas belegt, die die Säulen auch nach Vollladung noch besetzt halten. Noch nie was von Ladeetikette gehört? Zum Glück finden wir einen Platz am Rand und hängen das Kabel einfach um. Irgendwann kommt dann der Bus mit 8 Fahrern und der Ladepark leert sich wieder, danke sehr 😊.

Der Polestar ist mit seinen über zwei Tonnen Gewicht und Allradantrieb auf schneebedeckter Strecke ein sicheres bzw. kalkulierbares Fahrzeug. Wir passen uns der Geschwindigkeit der Einheimischen an, d.h. wir pendeln uns bei 90-95km/h ein. Die einzelnen Stationen der Strecke sind Dorotea, Vilhelmina, Storuman und Hemavan. Endlose schneebedeckte Wälder, unter der Schneelast gebeugte Bäume, nur unterbrochen von vereinzelten Seen und den notwendigen Ladeparks, die jetzt überwiegend von Tesla betrieben werden, da diese die schnelle Versorgung garantieren. Wir haben sogar den Eindruck, dass der Polestar an einer Teslasäule schneller den Strom nuckelt, als an einer Ionity. Das muss noch nachverfolgt werden.

Schnee statt Asphalt

Welche Straßenverhältnisse erwarten uns im tiefsten Winter auf der Fahrt durch Mittelschweden? Wird es jenseits der Autobahnen ein Durchkommen für uns geben? Müssen wir die Schneeketten aufziehen, die wir uns zur Sicherheit besorgt haben? Finden wir überall Ladestationen? All diese Fragen treiben uns um, als wir nördlich von Stockholm und hinter Sundsvall unseren Nordkurs verlassen und nach Westen abbiegen, um quer durch das Land nach Norwegen zu kommen. Akribisch planen wir unsere Ladestrecke. In Schnee und Eis liegen zu bleiben ist eine Horrorvorstellung, der wir durch vorausschauende Planung den Schrecken nehmen wollen. Und die Strategie geht auf. Wir hangeln uns von einer Ladestation zur anderen und sind begeistert davon, wie hervorragend die Straßen auch in der abgelegensten, verträumtesten Winterlandschaft geräumt sind und wie problemlos wir vorankommen. 

Die schwedischen Unterkünfte sind überwiegend einfach, trotz gehobener Preise. Der Norden ist tatsächlich teurer als der Süden Europas, besonders was die Lebensmittelpreise angeht. Für unsere Fellnase zahlen wir hier teils bis zu 30€ pro Nacht. Ganz schön happig, vor allem für einen allergikerfreundlichen Hund, der keine Haare verliert. Für den Parkplatz in einer Stadtunterkunft werden im Schnitt zusätzlich noch mal 20€ fällig.

Kurz vor der norwegischen Grenze sehen wir dann zwei Elche am Straßenrand. Beeindruckend langbeinige Tiere, die uns ungerührt angaffen. Wir sind erleichtert, dass wir sie aus sicherer Entfernung bewundern dürfen und sie zu gelassen sind, um über die Leitplanken auf die Straße zu laufen. Den Elchtest bevorzugen wir ohne direkt beteiligte Lebewesen! Auch wenn wir vom Polestar-Allradantrieb und der kräftigen Rekuperation auf Schnee so begeistert sind, dass wir nicht daran zweifeln, dass der Polestar den Elchtest sicher bestehen würde. Die schwedische Elch-Unfallstatistik möchten wir trotzdem nicht erweitern.

Norwegen

Etappenziel: Mo I Rana, Ankunft im Lillethus

In Norwegen angekommen erkunden wir zunächst Mo I Rana, die sich von ihrer Vergangenheit als Stadt der Schwerindustrie zu einer regionalen Kleinstadt mit rund 20.000 Einwohnern gemausert hat. Schon am nächsten Tag geht es über das Saltfjellet Richtung Polarkreis. Ein unglaublich ergreifender Moment, den nördlichen Polarkreis in der weißen Einöde des Fjells zu überqueren!

Vom Polarkreis aus schaffen wir es bis nach Bognes, wo wir die Fähre Richtung Lødingen auf Vesterålen nehmen. Von dort sind es dann nur noch eine gute Stunde Fahrt zu unserem Tiny Home am Steinlandsfjorden.

6.000 Kilometer über sechs Ländergrenzen hinweg liegen hinter uns, über Autobahnen und Landstraßen, Tunnel, Brücken und Fähren. Unfallfrei – abgesehen von einem Kratzer an der Felge hinten rechts und einer kleinen Delle am Dach (man passe auf beim Öffnen einer Ladebox ☹)  – bis in den Norden des norwegischen Nordlands hat uns unser E-Roadtrip geführt. Wir sind froh und erleichtert und freuen uns auf das Ankommen, die Ruhe und die Auszeit des norwegischen Winters.